Position Digitalisierung – ein Mega-Thema auch für die Diagnostika-Industrie

Die Digitalisierung ist ein zentrales Thema für die gesamte Gesellschaft. Auch für die Diagnostika-Industrie schafft sie Herausforderungen, generiert aber auch Chancen. Bei digitalen Gesundheitsanwendungen müssen auch In-vitro-Diagnostika neben anderen Medizinprodukten in der Erstattung berücksichtigt werden.

Das Umfeld für Unternehmen verändert sich rasant. Die digitale Transformation ist in vollem Gange und erfasst auch die Diagnostika-Industrie. Betroffen sind letztlich alle Unternehmensbereiche, von der Forschung & Entwicklung über die Produktion bis hin zum Vertrieb und den kooperativen Strukturen mit den Laboren. Daraus ergeben sich Chancen durch die Nutzung von Effizienzpotenzialen, neue Geschäftsfelder und eine bessere Vernetzung in der Lieferkette.

Was die stärkere Digitalisierung des Gesundheitssystems angeht, so begrüßt der VDGH nachdrücklich die gesundheitspolitischen und gesetzgeberischen Aktivitäten, die schrittweise zu einer beschleunigten Transformation beitragen. Patienten, Versicherte, Leistungserbringer und Kostenträger werden davon profitieren. Für chronisch Kranke können digitale Gesundheitsservices Behandlungsabläufe optimieren und eine erhebliche Erleichterung im Alltagsleben bewirken. Dies gilt besonders für Menschen mit Diabetes. Für Krankenhäuser sind In-vitro-Diagnostika ein wichtiger Baustein sogenannter klinischer Entscheidungsunterstützungssysteme (CDSS = Clinical Decision Support System). Das im Oktober 2020 in Kraft getretene Krankenhauszukunftsgesetz fördert solche Systeme explizit, da sie die Digitalisierung im stationären Sektor vorantreiben.

Auf der Produktseite tut sich viel. Medizin-Apps & Co. erobern den Markt. Sie können in vielen Bereichen zu wesentlichen Verbesserungen der Gesundheitsversorgung führen. Erfreulicherweise hat der Gesetzgeber diesem Umstand Rechnung getragen und digitale Gesundheitsanwendungen als eine neue Leistungskategorie der gesetzlichen Krankenversicherung im SGB V aufgenommen. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) durchlaufen ein Prüfungsverfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und können dann zu Lasten der GKV erstattet werden. Die ersten digitalen Produkte haben diesen Prozess bereits erfolgreich absolviert. Der VDGH regelt gemeinsam mit weiteren Herstellerverbänden in Rahmenvereinbarungen mit dem GKV-Spitzenverband Grundsätze der Erstattung. Im Sinne der Patienten ist zu hoffen, dass die weiteren Beratungen zu keiner restriktiven Erstattungspraxis führen. Dringenden gesetzgeberischen Nachholbedarf sieht der VDGH bei der rechtlichen Definition der DiGA. Es ist unverständlich, dass hier nur Medizinprodukte, nicht aber In-vitro-Diagnostika berücksichtigt sind. Dies sollte bei den nächsten Digitalgesetzgebungen für den Gesundheitssektor zeitnah realisiert werden. Des Weiteren fällt es schwer nachzuvollziehen, warum aktuell eine Beschränkung auf die niedrigsten Risikogruppen bei Medizinprodukten vorgenommen wird. Diese Beschränkung behindert nutzenstiftende Produktentwicklungen und sollte deshalb aufgegeben werden.

Datenschutz ist wichtig und muss ernst genommen werden – gerade bei sensiblen Gesundheitsdaten. Die Datenschutzregelungen dürfen aber nicht so restriktiv sein, dass die mit der Digitalisierung verbundenen Chancen zunichte gemacht werden. So können datenbasierte Anwendungen z. B. durch den Einsatz von Big-Data-Analysen und Methoden der Künstlichen Intelligenz wesentlich dazu beitragen, Diagnostik und Therapien zu verbessern.

Der geregelte Zugang der privaten Forschung zu Gesundheitsdaten würde neue Forschungsansätze ermöglichen und den Standort Deutschland in der Gesundheitsforschung stärken. Die private Forschung ist die treibende Kraft der deutschen Forschungsaktivitäten. 2018 kamen rund 90 Prozent der klinischen Studien aus der Industrie. Reale Versorgungsdaten digitaler Apps oder der elektronischen Gesundheitsakte ermöglichen, dass industrielle Forschung und Produktentwicklung noch passgenauer auf die Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten werden. Deshalb sollten Versorgungsdaten nach Einverständnis der Patienten anonymisiert oder pseudonymisiert allen Forschungseinrichtungen zugänglich gemacht werden – öffentlichen wie privaten.

Schon gewusst?

Im digitalen Universum verdoppelt sich das Datenwachstum durch exponentiell wachsende Rechen- und Speicherkapazitäten alle zwei Jahre.

In aller Kürze: Der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) 

Der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) vertritt als Wirtschaftsverband die Interessen von mehr als 100 in Deutschland tätigen Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von 6,8 Milliarden Euro im Jahr 2022. Sie stellen Untersuchungssysteme und Reagenzien zur Diagnose menschlicher Krankheiten her, mit denen ein Umsatz von mehr als 3,5 Milliarden Euro erzielt wird, sowie Instrumente, Reagenzien, Testsysteme und Verbrauchsmaterialien für die Forschung in den Lebenswissenschaften, mit denen ein Umsatz von 3,3 Milliarden Euro erwirtschaftet wird.

www.vdgh.de