"64 Prozent aller ärztlicher Diagnosen wären ohne Labortests nicht möglich"

Berlin, 29.04.2016 - "Ohne die Labordiagnostik könnten 64 Prozent aller klinischen Diagnosen in Deutschland nicht gestellt werden", erklärte Matthias Borst, Vorsitzender des Verbandes der Diagnostica-Industrie (VDGH) auf der öffentlichen Mitgliederversammlung des Verbandes am 28. April 2016. "Für uns ist diese Veranstaltung ein Anlass, erneut auf den Wert der Labordiagnostik aufmerksam zu machen", so der VDGH-Vorstandschef.

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Der VDGH-Vorstandsvorsitzende Matthias Borst (li.), MdB Dietrich Monstadt (CDU), Mitglied des Gesundheitsausschusses des Bundestages und VDGH-Geschäftsführer Dr. Martin Walger beim öffentlichen Themenabend der VDGH-Mitgliederversammlung 2016, Foto: Henning Schacht

Die Unternehmen des VDGH entwickeln und produzieren Reagenzien und Analysesysteme, so genannte In-Vitro-Diagnostika (IVD). Mit ihrer Hilfe werden menschliche Körperflüssigkeiten und Gewebe im Rahmen der medizinischen Diagnostik, Therapie und Prävention untersucht. Die Produkte werden in Laboren niedergelassener Ärzte und in Krankenhäusern sowie im Praxis- und Präsenzlabor beim Arzt angewandt. Zum Teil werden sie vom Patienten selbst, z. B. bei der Blutzuckermessung, eingesetzt.

„Wir sind eine innovative Branche, Labortests werden immer schneller, präziser und sensitiver“, erklärt Borst. „Ohne Labortests würden Ärzte bei mehr als zwei Drittel ihrer Patienten im Dunkeln tappen, gäbe es keine sichere Therapieentscheidung, keine Früherkennung oder Prognosen zum Verlauf einer Erkrankung. Daher ist es kaum zu glauben, dass der Anteil der Laborausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung lediglich drei Prozent ihrer Gesamtausgaben beträgt“, so der VDGH-Vorstandschef. „Geringe Kosten – großer Nutzen“ – nach dieser Formel kann man die Leistung der Diagnostik für unser Gesundheitssystem auf den Punkt bringen“, sagt Borst.

Als Beispiel für ein Erfolgsmodell führte Borst das Neugeborenen-Screening an. Mit einem Panel von Laborparametern wird nach 14 angeborenen Krankheiten gesucht, die Akzeptanz liegt bei 99 Prozent, der Test wird von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Aber auch für chronisch Kranke, wie z. B. Typ 1- und Typ 2-Diabetiker entwickelt die Diagnostika-Industrie für das notwendige Selbstmanagement der Betroffenen immer zuverlässigere und komfortablere Methoden.

Dietrich Monstadt, Mitglied des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages und Berichterstatter für Medizinprodukte der Unionsfraktion, war zu Gast beim VDGH. Der CDU-Politiker setzt sich für verstärkte Prävention, auch bei Diabetes, ein. Er machte deutlich, dass der Politik die Bedeutung der Labordiagnostik bewusst sei: „Vor jeder guten Therapie steht eine gründliche Diagnose“, sagte Monstadt. „Das trifft auf die Prävention genauso zu wie auf die große Volkskrankheit Diabetes mit inzwischen geschätzten zehn Millionen Betroffenen, inklusive Dunkelziffer. Wir brauchen eine nationale Strategie, denn Diabetes ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“ Die IVD-Industrie schaffe mit ihren Verfahren eine qualitativ hochwertige Versorgung für die Patienten und die Praxis. Die Politik müsse dafür sorgen, dass Innovationen schnelleren Eingang finden in die gesetzliche Versorgung und zeitnah bezahlt werden, folgerte der Politiker. Er griff damit ein zentrales Thema auf, was die IVD-Industrie seit langem beschäftigt: Zögernde und nicht abschließende Beratungen der Selbstverwaltung über den Eingang neuer Labortests sowie bislang ungeklärte Zuständigkeiten in der Selbstverwaltung. Beratungszeiten von bis zu 13 Jahren für einzelne Testverfahren sind Realität.

VDGH-Chef Matthias Borst brachte es auf den Punkt: „Der Fortschritt in der Labormedizin hält mit dem 21. Jahrhundert Schritt, leider aber noch nicht die Geschwindigkeit, mit der moderne Tests Eingang in die Regelversorgung finden“, so Borst. Verbesserungen bei der Erstattung von sogenannten Companion Diagnostics, die vor der Gabe bestimmter Arzneimittel zwingend vorgeschrieben sind, zeichneten sich ab. Das Gegenteil geschehe aktuell bei der Flüssigbiopsie, die unter anderem bei Patienten mit Lungenkrebs zum Einsatz kommt, wenn eine Gewebebiopsie zu gefährlich ist. „Diesem Testverfahren droht ab Juli der Erstattungsausschluss. Das kann von der Politik nicht gewollt sein und wir hoffen, hierzu im Dialog zu bleiben“, so Borst.

Auch die Früherkennungsuntersuchung des „Check-up-35“, die jedem gesetzlich Krankenversicherten zusteht, gehört nach Auffassung des VDGH auf den Prüfstand. Hier seien die einzusetzenden Laborparameter vor 27 Jahren festgeschrieben worden. Zudem wisse man, dass ein 35-jähriger Mensch andere Labortests benötige als ein 60-jähriger, erklärte Borst. „Wir hoffen, dass die Ergebnisse des Pharmadialogs neue Impulse auch für den Wert der Labordiagnostik setzen“, so der VDGH-Vorstandschef. „Für unser Gesundheitssystem wünschen wir uns mehr Bekenntnis zum Fortschritt und klare Fristen, was die Bewertung von neuen Testmethoden angeht. Die Diagnostika-Industrie ist gerne bereit, die Politik bei ihren Bemühungen um eine verstärkte Prävention und auch bei einer nationalen Diabetes-Strategie zu unterstützen.“

Der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) vertritt als Wirtschaftsverband die Interessen von 97 Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von rund 4 Milliarden Euro. Sie stellen Untersuchungssysteme und Reagenzien zur Diagnose menschlicher Krankheiten her, mit denen ein Umsatz von 2,2 Milliarden Euro erzielt wird, sowie Instrumente, Reagenzien, Testsysteme und Verbrauchsmaterialien für die Forschung in den Lebenswissenschaften, mit denen ein Umsatz von 2 Milliarden Euro erwirtschaftet wird.

Rückfragen an: Gabriele Köhne

Leiterin Presse und Kommunikation

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