Europaweite Studie: Versorgung mit Labordiagnostik ab Mai 2022 gefährdet VDGH sieht sofortigen Handlungsbedarf für die EU-Kommission

Berlin, 13.09.21 - Acht Monate vor dem Geltungsbeginn der neuen EU-Verordnung für In-vitro-Diagnostika droht ein massives Risiko für die künftige Verfügbarkeit medizinischer Labordiagnostik. Diese Schlussfolgerung zieht der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) aus den Ergebnissen der jüngsten europaweiten Studie.

Die „EU Competent Authorities for Medical Devices (CAMD)“, ein Zusammenschluss der zuständigen nationalen Behörden, hatte als Studie in Auftrag gegeben, welche Auswirkungen der ab Mai 2022 geltende Rechtsrahmen auf die Produktzulassung von In-vitro-Diagnostika (IVD) hat. Die Studie wurde koordiniert vom europäischen Medizintechnikverband MedTech Europe.

Die wichtigsten Ergebnisse sind:

•    Die Zahl der Produkte, die künftig das Zertifikat einer Benannten Stelle brauchen, verzehnfacht sich.

•    Erst sechs Benannte Stellen sind nach neuem Recht designiert. Im jetzigen Rechtsrahmen sind achtzehn Benannte Stellen für In-vitro-Diagnostik tätig.

•    53 Prozent der IVD-Unternehmen haben noch keine Benannte Stelle gefunden, bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen sind es sogar 64 Prozent.

•    Erst 12 Prozent der benötigten Zertifikate für IVD-Produkte wurden ausgestellt.

•    Im besten Szenario werden 61 Prozent aller IVD zum 26. Mai 2022 zertifiziert sein. Im schlechtesten Szenario werden dies nur 24 Prozent aller IVD sein.

Hierzu sagt VDGH-Geschäftsführer Dr. Martin Walger: „Die Ergebnisse sind alarmierend. Wenn die EU-Kommission nicht reagiert, bahnt sich eine Gefährdung der flächendeckenden Versorgung mit Labordiagnostik an.“ Walger, der auch Vorstandsmitglied bei MedTech Europe ist, betont: „Die Pandemie hat gezeigt, wie essenziell medizinische Labordiagnostik ist. Und Coronatests werden auch nach dem Mai 2022 in aller Welt gebraucht.“ Der VDGH weist darauf hin, dass auch die Laborarztverbände und weitere ärztliche Organisationen ihre große Besorgnis über die Auswirkungen der IVDR zum Ausdruck bringen.

Die CAMD-Studie ist hoch repräsentativ und deckt 90 Prozent des Diagnostikamarktes ab. Insgesamt 115 Unternehmen haben sich an der Erhebung beteiligt, davon mehr als ein Viertel aus Deutschland. Über 70 Prozent der Teilnehmer sind kleine und mittelständische Unternehmen. „Gerade die hohe Beteiligung der KMU bildet die Branche realistischer ab als vorherige Befragungen“, so Walger. „In der Konsequenz heißt das, die Ergebnisse früherer Studien haben die Dramatik unterschätzt.“

Eine Verschiebung des Geltungsbeginns der IVD-Verordnung sowie Detailänderungen der einzelnen Übergangsregelungen sind nach Auffassung des VDGH dringend erforderlich. „Wir sind dankbar, dass die Bundesregierung die Tragweite längst erkannt hat und dass Minister Spahn sich auf europäischer Ebene für sachgerechte Lösungen einsetzt,“ sagt Walger. Das Europäische Parlament hat sich bereits für einen späteren Geltungsbeginn ausgesprochen. Ein Handeln der EU-Kommission ist aus Sicht des VDGH nun überfällig: „Es geht um die Abwehr konkreter Versorgungsrisiken. Und es geht um Handlungssicherheit für Patienten, ärztliche Leistungserbringer und Testhersteller.“ Aus diesem Grund muss eine Entscheidung in den nächsten Wochen getroffen und umgehend kommuniziert werden. 

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